Tag 8
Pont-en-Royans – Saint-Nazaire-en-Royans – Saint-Maurice – Barbieres - Col de Tourniol – Leoncel – Saint-Jean-du-Gard – Pont-en-Royans

Wir geben ein ziemlich jämmerliches Bild ab. Die gestrige Wanderung hat deutliche Spuren hinterlassen und es schmerzen Muskeln, von deren Existenz wir bis dahin keine Ahnung hatten. Doch die Sonne scheint und auch wenn es doch recht frisch draußen ist, wollen wir den diesjährigen Ausflug standesgemäß beenden und noch einmal die Berge des Vercors bezwingen. Wir schwingen uns auf die Räder und ich stelle erfreut fest, dass sich beim Treten in die Pedalen der höllische Muskelkater kaum bemerkbar macht.

Kajo entdeckt an seinem Hinterrad einen winzigen Seitenschlag und will die Reparatur sofort erledigen. Wir vertrauen auf seine Mechaniker- und Rennradfahrerkünste und fahren schon einmal voraus. Es geht auf bekannter Straße nach Saint Thomas. Von Kajo noch keine Spur. Da wir aber im Verlauf der bisherigen Tage ernsthafte Zweifel an dem orientierungssinn von Kajo haben, legen wir eine erste schnelle Rast ein. Der Müsliriegel ist aber kaum ausgepackt, da taucht das gelbe Trikot auch schon wieder auf und wir setzen die Fahrt in Komplettbesatzung fort.

In Saint-Nazaire-en-Royans bewegen wir uns ganz kurz ein weiteres Mal auf der ungeliebten D1532, bevor wir auf eine verkehrsarme Seitenstraße abbiegen. Die Landschaft ist nett und nicht zu vergleichen mit den Vortagen. Auf der linken Seite ragen die Kalksteinberge des Vercors steil in die Höhe – wir aber bewegen uns auf einer langen Ebene wenige Kilometer von der Isere entfernt. Rechts und links des Weges wechseln sich über Kilometer ältere Walnussbäume mit jungen Walnussbäumen ab und wir haben genügend Zeit, erfolglos darüber nachzudenken, ob und mit welchen Hilfsmitteln die Bauern wohl ihre Ernte einfahren.

Später wird das allmählich langweilig werdende Baumpanorama durch Wiesen und Felder etwas aufgelockert und irgendwann haben wir Barbieres erreicht. Ab hier ändert sich das Streckenprofil deutlich. Statt eines sanften Auf und Ab geht es jetzt nur in eine Richtung – Hinauf! Doch zunächst einmal gilt es Barbieres zu durchfahren – ein wirklich pittoresker kleiner Ort, der sich tief in die kleine Schlucht hinein geschoben hat und von den mächtigen Bergen fast erdrückt wird. Danach wird die Landschaft wieder offener und jeder sucht wieder sein eigenes Tempo um 12 Kilometer und über 700 Höhenmeter zu bewältigen. Kajo, der auf dem vorherigen Flachstück des häufigeren weit zurückgefallen ist, scheint hier wieder in seinem Element zu sein und stapft langsam aber sicher davon. Bernd und ich lassen es ruhiger angehen und absolvieren die Steigung gemeinsam.

Der Pass ist geprägt durch unendlich viele Kehren – ständig geht es in hin und her und es ist nicht abzusehen, an welcher Stelle wir den vor uns liegenden Berg überqueren werden. Leider hat sich die einzige größere Wolke am Himmel genau über uns festgesetzt und während in der Ebene das schönste Wetter ist, wird es hier oben immer kühler. Dann ist der Gipfel erreicht und wir machen uns schnellstens an die Abfahrt -auch weil ich nicht mit so kalten Temperaturen gerechnet hatte und keine wärmende Jacke oder Trikot mitgenommen habe. Das Thermometer am Rad zeigt 6 Grad an und auch wenn der Fahrtwind die Gradzahl etwas beeinflusst, ist es doch schweinekalt. Diese Erfahrung macht auch Kajo in Leoncel, als er sich dort auf einer Bank niedergelassen hat, um auf uns zu warten.

Wir flitzen sofort weiter auf einer wunderbaren Strasse, die sich kilometerlang an einem kleinen Bach entlangschlängelt. Es gibt zwar ständig kleine Kurven, doch man muss niemals bremsen und kann mit 50 bis 60 Kilometern sich herrlich und letztmalig verausgaben. In Saint Jean ist dann aber Schluss – doch bevor wir die allerletzten Kilometer bis Pont en Royans in Angriff nehmen, wird im Ortskern ein letzter Cafe genommen. Und dann steht ja noch der allerletzte Ortsschildsprint an, den ich dank eines überraschenden Fluchtversuchs 2 Kilometer vorher in einer triumphalen Solofahrt für mich entscheiden kann.

Auf dem Campingplatz wird es dann wieder schmerzhaft, denn die notwendigen Abbau- und Aufräumarbeiten müssen zu Fuss getätigt werden – und sofort macht sich wieder diese furchtbare Muskelkater bemerkbar. Die Nachhausefahrt verläuft weitgehend harmonisch und stressfrei – auch wenn ich immer und immer wieder von meiner Soloflucht erzählen muss. Spätestens am Leverkusener Kreuz im strömenden regen bleibt nur noch die Erinnerung und das Warten auf das nächste Jahr....































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