Tag 4
Ornans – Champagnole
79 km 1129 hm


Ich bin heute sensationell früh auf den Beinen und im Sattel – 8 Uhr als Startzeit ist unüblich für mich, der sonst frühestens ab 9 Uhr in die Pötte kommt.



Schon in Ornans beginnt die erste Steigung des heutigen Tages. Doch so langsam habe ich mich an die Anstrengungen gewöhnt und meinen Rhythmus gefunden – auch weil es zwar lange (7-8 km), aber sehr moderat (4-6%) nach oben geht. Der Tag verspricht sehr schön zu werden, schon früh am Morgen zeigt sich die Sonne und ich kann meine Ärmlinge schnell in die Tiefen der Taschen versenken.





Es folgt wieder mal eine Hochebene, die jedoch im Gegensatz zu Gestern wesentlich reizvoller ist. Vielleicht liegt es aber auch nur am angenehmen Wetter oder an meiner Stimmung, dass ich die Dörfer, Wiesen und Kühe viel hübscher empfinde als die vom gestrigen Tag. Es geht hinab nach Nans-sous-Sainte-Anne, einem kleinen Ort an der Lison und wieder hinauf – und auch dieses Mal ist die Steigung zwar anstrengend, aber keinesfalls schwierig.







Es wird wieder flacher und kurz darauf geht es erneut schwungvoll hinab mit dem Ziel Salin-les-Bains, einer kleinen lebhaften Stadt.



Der Ort scheint eine gewisse Bedeutung als Kurort zu haben – aber mir fehlt die Lust, mich länger als nötig in dem ungewohnten Trubel aufhalten zu wollen und ich mache mich so schnell als möglich auf den Weg wieder hinaus zu Ruhe und Einsmkeit. An der Stadtgrenze entdecke ich aber noch einen Fahrradladen und kaufe mir neue Cleats für meine Pedalen – ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das No-Name-Produkt, welches mir die Verkäuferin in die Hand drückt, auch wirklich passt....

Die Weiterfahrt macht mir zunächst etwas Sorge, denn auf der Hauptstrasse ist ein recht heftiger Verkehr mit vielen großen LKWs. Aber kaum habe ich das Ortsschild passiert, ebbt es auf ein erträgliches Maß ab. Und zum dritten Mal geht es lange und weit bergauf – aber dieses Mal fällt mir der Aufstieg schon schwerer, was sicherlich auch daran liegt, dass die Autos, die mich passieren, doch ungewöhnlich schnell fahren und deshalb eine erhöhte Konzentration erfordern.



So bin ich ganz froh, dass ich am (vermeintlichen) Ende der Steigung auf ein winziges Sträßchen abzweigen kann, welches mich in einer größeren Umweg nach Champagnole führen soll. Zuerst ist die Straße auch „nur“ nahezu verkehrsfrei, doch nach einigen Kilometern entlang der üblichen Hochebenen, Dörfer und Wiesen biegt der Weg in einen ausgedehnten Wald ein und wird wunderschön. Ich beschließe, angesichts der noch frühen Uhrzeit und der wenigen Restkilometer (ca. 17) noch eine ausgedehnte Pause einzulegen, zumal einige abgesägte Baumstämme am Wegesrand zu einem pittoresken Picknick mit Bachblick geradezu einladen. In der folgenden Stunde esse und trinke ich ausgiebig meine Vorräte zur Neige und genieße Sonne, Landschaft und das Leben überhaupt.....



Mein Höhenmesser zeigt 980 absolvierte Meter an und angesichts der folgenden Abfahrt bin ich gespannt, ob ich die 1000 Meter heute voll bekomme. Anfangs freue ich mich über jedem eingesammelten Meter, aber als dann der Wald aufhört und in Wiesen übergeht, steigt die Straße noch einmal deutlich an – damit hatte ich nun wirklich nicht mehr gerechnet. Doch dann ist das Ende der Steigung erreicht und ich ärgere mich darüber, dass wieder mal kein „Col-Gipfelschild“ weit und breit zu sehen gibt. Unter mir kann ich die ersten Ausläufer der Kleinstadt erkennen. Doch bevor ich mich an die Abfahrt mache, muss ich noch einmal meinen Rucksack auf dem Gepäckträger neu abspannen, denn seit längerem vernehme ich seltsame Geräusche, so als ob die Spanngurte ständig hin- und herrutschen. Doch die Überprüfung zeigt keine Merkwürdigkeiten – alles ist sauber und stramm verzurrt. Und dann entdecke ich die Ursache des komischen „Klackgeräusches“, die am Rahmen befindliche Öse zum Befestigen eines Gepäckträgers ist gebrochen. Hier ist keine Reparatur möglich (oder mir zumindest nicht bekannt). Aber ich habe zum ersten Mal und mehr oder weniger zufällig Kabelbinder eingepackt. Und mit diesen Bindern gelingt es mir, die lose Strebe des Gepäckträgers doch noch fest und stabil mit dem Rahmen zu verbinden – hoffentlich auch lange genug.....

Doch damit der Fast-Unglücke nicht genug, denn nach einer langen und schönen (wenn da nicht die noch frische Sorge um den Gepäckträger wäre) Abfahrt, löst sich in einem Kreisverkehr im Ortskern von Champagnole plötzlich eine Tasche vom Frontroller und schleift noch halb am Rad hängend über den Boden – warum sich das Teil ausgerechnet hier nach fast 80 Kilometern plötzlich selbständig macht, ist mir ein Rätsel. Aber shit happens - und davon sollte man sich den Urlaub nicht vermiesen lassen – wie auch nicht von dem einsetzenden Regen, der mich pünktlich nach Dusche und Einkauf ins Zelt zwingt und das Trocknen meiner frisch gewaschenen Fahrradklamotten in weite Ferne rückt. Aber der Regen wird rasch weniger, so dass ich guter Hoffnung bin, wenigstens im Freien kochen zu können – und tatsächlich - es hört wieder auf und ich kann wie gewohnt routiniert mein Abendprogramm beenden.

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