Tag 6
Saint-Claude - Serrières-en-Chautagne
93 km 1468 hm


Am Morgen herrscht das gleiche Wetter wie immer. Es ist schwülwarm und die Wolken, die das drohende Gewitter ankündigen, sind auch schon am Himmel auszumachen. Aber die Sonne ist noch nicht bereit, den Kampf um den Himmel einfach aufzugeben und verteidigt die blauen Flächen am Horizont. Und unten steht ein Reiseradler und weiß wieder nicht, was der Tag so bringen wird und wie er sich auf die Wetterbedingungen des Tages einstellen soll. Die geplante heutige Route beträgt etwas mehr als 90 Kilometer und daher spute ich mich mit den Vorbereitungen. Als ich gegen 9 Uhr losfahre, hat es mein australischer Freund gerade mal aus dem Zelt geschafft – aber sein Tagespensum liegt auch heute nur bei schlappen 40 Kilometern. Die Strecke führt mich nicht mehr in die Stadt und damit auch nicht in die Nähe von Boulangerien, aber ich hoffe darauf, zeitig andere Ortschaften mit Bäckereien zu durchfahren und schenke mir den Umweg über Saint-Claude.





Die D 124 steigt sofort an und dieser Zustand hält die nächsten 90 Minuten mehr oder weniger konstant an. Doch es wird nie richtig steil und es fällt mir nicht schwer, meinen Rhythmus zu finden und langsam, aber stetig immer weiter aufzusteigen.



Zur Belohunung erwartet mich – nein, keine Bäckerei mit duftenden Croissants, aber immerhin mein erstes echtes Passschild – und dann noch eines mit dem wohlklingenden Namen Col de la Croix de la Serra. (Nachtrag: Der Pass steht in diesem Jahr auch auf dem Programm der Tour de France stehen – allerdings kommen die Profis aus der entgegengesetzten Richtung und fahren dann hinab nach Saint-Claude).





Ich freue mich auf die Abfahrt, die sich ankündigt und ziehe mir die wärmende Windjacke an. Doch nach wenigen hundert Metern bergab erwartet mich nach einem Linksabbieger erneut eine Steigung. Und so geht es die nächste Zeit beständig rauf und runter.





Ich komme auf eine winzige Straße, auf der mir während der nächsten 7 Kilometer gerade mal drei Autos entgegenkommen – und zwei Reiseradler, die des ständige Auf und Abs einen ziemlich genervten und erschöpften Eindruck machen.







Mir dagegen geht es glänzend - lediglich die Uhrzeit und die noch vor mir liegenden gut 50 Kilometer machen mir etwas Sorgen. Zumal es in der Folge zunächst einmal steil und lange bergab geht und ich befürchten muss, dass zu den bereits erarbeiteten 1000 Höhenmeter aufgrund der welligen Topographie noch einige hinzukommen könnten.





Nach der Abfahrt komme ich nach Bellegarde-sur-Valserine, einem ziemlich geschäftigen Städtchen mit entsprechendem Verkehr. Und vor mir liegt mal wieder eine Steigung, die ich als recht unangenehm empfinde, weil es doch ziemlich gerade und relativ steil nach oben geht und der Verkehr nicht sonderlich nachgelassen hat. Erst an einer Autobahnauffahrt wird es merklich ruhiger und kurz darauf auch wieder flacher. Und die erwartetet große zweite Steigung des Tages bleibt erfreulicherweise aus, denn ich folge nun in einigen Kilometern Entfernung der Rhone, die hier zwar schon eine gewisse Größe hat, aber bei weitem nicht die Dimensionen, die man gemeinhin mit diesem Fluss verbindet. Es folgt eine sanfte Hügellandschaft und einige Rennradler, die mich auf ihrer Feierabendrunde überholen und freundlich grüßen. Die Umgebung ist nicht mehr so spektakulär wie heute Morgen, aber durchaus noch geeignet, anerkennende Betrachtungen über Frankreichs Landschaften anzustellen.



Ich erreiche Seyssel, überquere die Rhone und entdecke am Uferrand einen gut ausgebauten Radweg – der aber dann nach wenigen hundert Metern wieder auf der Straße endet.



Auf der geht es dann zügig die letzten Kilometer nach Serrières-en-Chautagne. Während ich den langgezogenen Ort durchfahre, schwindet mit jedem Meter meine Hoffnung, hier neben dem Campingplatz auch einen zumindest kleinen Supermarkt zu finden. Doch am Ortsende, direkt neben der Einfahrt zum Campingplatz werde ich dann doch noch erlöst und muss nach dem Duschen nicht mal mehr erneut aufs Rad steigen, um mich mit notwendigen Kohlehydraten und nicht unbedingt notwendigen zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken einzudecken. Der Platz liegt an einem kleinen künstlichen See, den tagsüber Kinder und Jugendliche als Badeplatz nutzen und der abends als Balzrevier für die örtliche Froschjugend dient. Es herrscht ein infernalischer Krach und ich weiß nicht, wie ich in der Nacht bei diesem ständigen Gequake die Ruhe zum Schlafen finden soll. Des Rätsels Lösung liefert dann der der Wettergott, der pünktlich nach dem Spülen einen lang anhaltenden Regenschauer auf mein Zelt hinabprasseln lässt, der alle Froschgeräusche voll und ganz übertönt.....

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