Tag 14
Villefort – Bagnols-les-Bains
68,73 km 1301 hm


Am Morgen herrscht wieder das gewohnte Bild am Himmel: ein paar blaue Flecken, pittoresk umrahmt von Wolken aller Farben, bevorzugt aber in dunklen Grautönen. In der Nacht habe ich entschieden, auf jeden Fall zuerst die D 51 von Pied-du-Borne nach La Bastide-Puylaurent zu fahren und danach erst über mögliche Streckenabweichungen zu entscheiden. In Villefort ist das Leben noch in Ordnung – 20 Minuten später in Pied-du-Borne weiß ich schon, dass es heute mit dem sonnigen Tag mal wieder eher nichts wird.



Zwar bleibe ich von Regen verschont, aber das ist auch schon alles Positive, was man zum Wetter sagen kann. Es ist trist, es ist kalt und ein fieser Wind rast in Böen durch das lang gezogene Tal. Es ist zum „Blues kriegen“, aber glücklicherweise fahre ich durch eine Landschaft, die auch bei diesen miesen Bedingungen ihre Reize nicht verbergen kann.







In Pied-du-Borne gewinnt die kleine Straße rasch an Höhe, bevor sich fast flache und stetig ansteigende Abschnitte abwechseln. Zuerst ist die Bourne mein ständiger Begleiter, erst nach dem kleinen Weiler Alzons steigt die Straße soweit an, dass man an den oberen Rand der Schlucht anlangt und herrliche Blicke in das tief unten liegende Tal werfen kann.





Eine Bank lädt an einer ausgewiesen schönen Ecke zum Verweilen ein – und da mir der Platz vom letzten Jahr noch in Erinnerung geblieben war, will ich hier eine ausgiebige zweite Frühstückspause einlegen. An alles habe ich gedacht – Milch, Joghurt, Croissants und Brioche liegen im Rucksack bereit - doch hier oben ist es so windig und ungemütlich, dass die ausgedehnte Variante entfallen muss und ich stattdessen nur kurz anhalte, um mir dringend notwendigen Kaloriennachschub zu einzuverleiben.
Dann muss ich auch noch die Batterien an meinem Navigationsgerät auswechseln und bin etwas überfordert mit den „Handeln“ der alten Batterien, neuen Batterien, Brioche, umherfliegenden Milchtüten und Joghurtbecher. Als ich meinen Garmin wieder einschalte. bekomme ich die Meldung „keine Navigation möglich, da keine Straße gefunden“ (oder so ähnlich) und bin konsterniert. Nach einigem nervösen Rumdrücken stelle ich fest, dass das Gerät nicht mehr auf das Kartenmateriel zurückgreifen kann, welches ich zu Hause aufgespielt habe. Aber warum?

Des Rätsels Lösung liegt im Gras unter mir – die externe Speicherkarte hat den Batteriewechsel zu unbemerkter Flucht genutzt. Wieder eingefangen und eingebaut stellt sie (wenn auch wahrscheinlich nur murrend) das Kartenmaterial wieder wunschgemäß zur Verfügung und ich kann die jetzt doch viel zu lange Pause endlich abschließen und mich leicht bibbernd auf den weiteren Weg machen.





In La Bastide-Puylaurent komme ich auf eine Hochebene und passiere nacheinander die Quelle der Altier, den Oberlauf der Chassezac und etwas später der Lot. Schon irre, wenn man auf der Karte den weiteren Verlauf der Flüsse erkundet. Die Chassezac fließt nach Osten in die Ardeche und somit ins Mittelmeer, die Allier nach Norden und viele Kilometer später in die Loire und die Lot nach Westen quer durch den Süden Frankreichs in die Garonne – und die Quellen liegen hier nur wenige Kilometer auseinander.



Die Straße ist anfangs sehr gut ausgebaut und ich komme schnell voran, aber ich bin inzwischen zu einem „Kleinstraßenjunkie“ verkommen und die Fahrt auf dem breiten und glatten Asphalt bereitet mir keine allzu große Freude. Doch nach einigen Kilometern ist plötzlich Schluss mit der ausgebauten Strecke, die Straße wird urplötzlich enger und die Fahrt schöner und interessanter.



Noch habe ich mich nicht entschieden, ob ich heute eine relativ kurze Etappe nach Bagnols-les-Bains einlegen soll oder noch mal gut 15 Kilometer und einige hunderte Höhenmeter draufpacke und über den Mont Lozere nach Florac düse. Einerseits ist es schon relativ spät und es ist absehbar, dass ich Florac keinesfalls vor 17 Uhr erreichen werde. Andererseits liegt Bagnols-les-Bains auf über 900 Metern Höhe und wird bei diesem Wetter sicherlich ungemütlich kalt sein. Dann spräche für die Wahl dieses Zielorts lediglich die Tatsache, dass ich dann meinen dicken Pullover nicht ganz umsonst mitschleppe. Ich beschließe die Entscheidung zunächst einmal bis Le Bleymard, wo sich der Weg gabelt, aufzuschieben. Doch einige hundert Meter später treffe ich die fällige Entscheidung dann doch direkt. Denn ich habe völlig übersehen, dass sich zwischen Chasserades und Le Bleymard noch ein recht kräftiger Höhenzug in den Weg gestellt hat. Ich biege auf die kleine und anfangs recht steile D 120 ab und bin wieder im Radfahrerhimmel.





Es geht zunächst durch diese almähnlichen Bergwiesen und später durch einen dichten Wald. Ich stampfe Meter für Meter nach oben und sinniere etwas wehmütig darüber, wie mir die Bäume selbst bei stärksten Sonnenstrahl noch wohligen Schatten spenden würden und mache bei knapp 12 Grad eine leider nur kurze Rast. Die Tristesse komplett macht die Tatsache, dass ich hier womöglich das Dach der diesjährigen Tour erreicht habe (1480 Meter), aber (auch das passt zu diesem Jahr) mal wieder mangels Passschild die Colerklimmung nicht entsprechend dokumentieren kann.





Die Abfahrt ist steil und schwierig aufgrund des schlechten Asphalts. In Le Bleymard ignoriere ich die Abzweigung zum Mont Lozere und genieße die langsam abfallenden und gut ausgebauten 7 Kilometer bis Bagnols-les-Bains und finde schnell den Campingplatz. Der Platz ist erstaunlich gut gefüllt, was wohl daran liegt, dass Bagnols ein Kurort gegen Rheuma und anderen Gebrechen ist und die ausschließlich französischen Camper tagsüber die Kureinrichtungen nutzen. Nach dem üblichen Abendprogramm setzt mal wieder ein leichter Dauerregen ein und mir bleibt wieder nur die Hoffnung auf den morgigen Tag......



weiter zu Tag 15
zurück zur Übersicht

Kommentieren